Zeitzeuge berichtet über seine spektakuläre Flucht aus der DDR
Einblick in die Stasi-Akten. Zeitzeugenbesuch im GL-Unterricht der 10 AJost Elliesen ist 13 Jahre alt, als er 1980 mit seinen Eltern im Kofferraum eines burmesischen Diplomatenfahrzeugs aus Ostberlin in den Westen flüchtet. Erst unmittelbar vor der Flucht weihen ihn seine Eltern über ihr Vorhaben ein. Sie fürchten, eine unbedachte Äußerung ihres Sohnes könnte die Staatssicherheit auf den Plan rufen, und die minutiös geplante Flucht in letzter Minute verhindern. Ein Scheitern hätte womöglich lange Haft und Folter sowie die Freigabe des Sohnes zur Adoption an linientreue SED-Parteifunktionäre bedeutet. Doch der Plan glückt: Über den Checkpoint Charlie gelingt die „Einreise“ nach Westberlin. Für den Teenager Jost Elliesen ein Abenteuer. Für seine Eltern eine unfassbare Erleichterung. Doch die Angst vor dem langen Arm der Stasi, die Flüchtlingsunterkünfte im Westen infiltriert und auch nicht vor Entführung und Mord auf bundesdeutschem Boden zurückgeschreckt, zwingt die Familie zunächst in der BRD bei einem Verwandten unterzutauchen, und sich erst nach drei Tagen als geflüchtete DDR-Bürger zu erkennen zu geben.
Erst nach dem Mauerfall erfuhren die Elliesens, dass die Angst vor der Stasi und einem Scheitern der Flucht nicht unbegründet war. Ein enger Freund der Familie spionierte die Elliesens jahrzehntelang aus, z.B während des gemeinsamen Urlaubs mit dem Segelboot. Er, der „Freund“, war sog. IM – „Inoffizieller Mitarbeiter“ der Mielke-Behörde, der seinem Dienstherrn selbst die unwichtigsten Details aus dem Familienleben der Elliesens verriet.
Nach Einsicht in die Stasi-Akten, die die Sicherheitsorgane im Honecker-Staat zusammengetragen hatten, erfuhr Jost Elliesen von der akribischen Bespitzelung seiner Familie.
Gefesselt wie von einem Spionagethriller lauschten die Schüler/innen der 10 A den anschaulichen Schilderungen des ehemaligen DDR -Bürgers Elliesen, der aus der Retrospektive auch Positives aus der Sowjetischen Besatzungszone zu berichten wusste: die Rolle der Frau etwa oder das gut funktionierende Gesundheitssystem mit den zweckmäßigen Polikliniken. Während die Frauen in der BRD häufig nur auf dem Papier gleichberechtigt waren, standen sie den Männern bez. ihrer Rechte, Privilegien und Pflichten im Arbeiter- und Bauernstaat in nichts nach. Die Flucht hat Elliesen jedoch nie bereut.
Seine Stasi-Akte hat er den Schüler/innen der 10A zur Ansicht mitgebracht. Die Jugendlichen konnten sich kaum von den spannenden Dokumenten lösen.